Wer ist Peter Wolter? | Das Gespräch
Peter Wolter, Portrait aus seiner Homepage
Seine Arbeit als Hörbuchsprecher meines Asterix-Buches war für mich Anlass, ihn um ein Gespräch zu bitten. Nach der ersten Überraschung, in der Regel arbeiten Hörbuchsprecher im Verborgenen, freute er sich über meine Anfrage und beantwortete mir meine Fragen. Im Rahmen seiner Tätigkeit hat er "Das offizielle Asterix & Obelix Lexikon" vertont, dessen Umsetzung ich für einen interessanten Blick hinter die Kulissen - oder besser: in die winzige Kabine - nutzte:
- Sie haben auch das inoffizielle Asterix & Obelix-Lexikon als Sprecher ... ja, wie heißt es? Besprochen? Hörbar gemacht? War das ein Auftrag wie jeder andere für Sie?
Meist werde ich als Sprecher für Sachhörbücher gebucht (die werden einfach mehr produziert) und da ist so ein ASTERIX schon etwas Besonderes: bei all den vielen schönen Zitaten kann man auch mal richtig loslegen und seinen schauspielerischen Gelüsten frönen (wie die Römer beim Abendessen, beim Jupiter!), andererseits bin ich in der Schule nicht als Französisch-Streber aufgefallen und hatte doch etwas Arbeit mit der Aussprache.
Und zu guter Letzt: als alter Fan habe ich mich doch ganz anders in so ein Projekt hineingegraben (sic!), als wenn es um ein Werk über Anlagestrategien auf dem Aktienmarkt geht - nichts für ungut!
- Sie bezeichnen sich "alter Fan der Gallier". Was verbinden Sie mit dem gallischen Widerstandsnest?
Glückliche Kindheitserlebnisse: ich erinnere mich an Sommerferien am Bodensee - meine Eltern hatten wohl urlaubsbedingt die Spendierhosen an - da habe ich vier oder fünf Asterix-Hefte kaufen dürfen - die habe ich halbwegs auswendig gelernt. Aber es gibt auch eine weniger lustige Geschichte: Ein Onkel hat mir Erstausgaben geschenkt, das waren halt alte Comichefte für ihn, ich fand die auch etwas runtergekommen und habe mich gefreut, als ich im Laufe der Jahre dieselben Hefte "neu" bekam - die alten habe ich dann teilweise weggeschmissen - ich spreche an dieser Stelle zum ersten Mal öffentlich darüber um dieses Trauma zu verarbeiten ...
- Es freut mich außerordentlich, bei der Aufarbeitung eines Traumas hilfreich zu sein. Was macht Asterix denn zu etwas Besonderem?
Interessant ist, dass ich auch mit zehn oder elf Jahren schon einen unmittelbaren Zugang zu dem Humor der Hefte hatte und das ist so geblieben: ich konnte mich mit zehn darüber schlapp lachen und kann das jetzt noch genauso - und gleichzeitig wächst du mit den Heften heran, denn du entdeckst ja immer neue Details und Inhalte ... ich meine, es ist nicht Shakespeare, aber fast ...
- Das Kompliment würde René Goscinny und Albert Uderzo sicher erfreuen. Wie kommt ein Auftrag wie dieser überhaupt zustande?
Ganz einfach: ich habe den Job, wenn im Verlag meine Art und Weise Bücher einzusprechen für das jeweilige Projekt als passend befunden wird.
- Welche Themen könnten es sein, die nicht zu ihrer Art und Weise Bücher einzusprechen, passen? Gab es Aufträge, nach deren Abschluss Sie die berühmten drei Kreuze gemacht haben?
Also, um den letzten Teil der Frage zuerst zu beantworten: aber ja! Manchmal sogar vier Kreuze ... und anschließend musste ich mich selbst dringend mit einem ordentlichen Glas Cervisia belohnen, beim Teutates! Ich erinnere mich an ein Buch über neue Managementmethoden oder so, voller Denglisch und kryptischen Abkürzungen ... naja, sprechen wir nicht mehr davon. Und das andere: sicher gibt es Themen, da passe ich nicht so hin - vor kurzem wurde eine Anfrage abgelehnt, weil man in meiner Stimme "den Bauern nicht so raus hört" ... es ging da um Landwirtschaft. Dabei hat meine Liebste einen Schrebergarten in dem ich gerne auf dem Rasen sitze!
- Wie sieht der Ablauf bei der Arbeit als Sprecher am Beispiel des Lexikons aus? Können Sie das beschreiben? Finden die Aufnahmen in einem Studio statt oder verwenden Sie eigenes Equipment?
Die Hörbuchproduktion findet im Studio statt; das besteht aus einem Regieraum, hier sitzt der Tontechniker und evtl. die Regie und dem eigentlichen Aufnahmeraum. Meistens sind die Aufnahmeräume klein. Sehr klein. Man darf nicht an Klaustrophobie leiden, denn man verbringt ganze Tage in einer Art Telefonzelle (die Älteren werden sich erinnern ...) aber: man lebt ja ganz in dem Text, den man vor sich hat - also, mich stört die Telefonzelle nicht, aber man muss es mögen. Ich schätze die Ruhe, im Unterschied zu dem Gewusel im Theater.
- Wie lange dauert insgesamt eine Aufnahme? Müssen Sie öfter von vorne beginnen oder schaffen Sie es, dass der Text in den meisten Fällen schon beim ersten Durchgang sitzt?
Das kommt alles vor ... manchmal geht es auch beim ersten Mal schon gut, aber für viele Zitate und Wortwitze nimmt man sich dann doch lieber einen zweiten Anlauf. Ganz zu schweigen von Aufzählungen der Reisestationen: Citharista, Heraclea Caccabaria, Carsicis ... also, das klappt selten beim ersten Versuch! Wie lange das dauert? Das ist sehr unterschiedlich, ich glaube den Asterix haben wir in vier Tagen eingelesen.
- Übersetzer werden in vielen Fällen nicht am Erfolg eines Werks beteiligt, sondern erhalten Pauschalen für den einmaligen Auftrag - jedenfalls ist es bei Comics so. Ist es bei Sprechern ähnlich?
Ja, wir bekommen auch eine einmalige Pauschale. Wenn dein Hörbuch ein Bestseller wird, gratuliere ich aufrichtig, habe aber nichts davon ...
- Gibt es einen Kollegen, dessen Stimme Sie als besonders einprägsam empfinden?
Ach, es gibt so viele gute Leute... Eva Mattes kann mir aber alles erzählen, der höre ich immer gerne zu!
- Welches Hörbuch steht auf Ihrer eigenen Empfehlungsliste?
Es gibt da eine tolle Einspielung von "Homo Faber" ... kann ich sehr empfehlen!
- Sie arbeiten sowohl als Theaterschauspieler als auch als Sprecher und bieten als Theaterlehrer an, Ihr Wissen an Kollegen weiterzugeben. Worin besteht für Sie der Reiz eines jeden dieser Bereiche?
Der Beruf des Theaterschauspielers füllt den Tag mehr als aus - da hat man eigentlich kaum noch Zeit für anderes ... aber nach fünfundzwanzig Jahren auf der Bühne habe ich angefangen, auch meine anderen Interessen zu verfolgen: Schülern Theaterunterricht zu geben macht mir dabei neben der Sprechertätigkeit am meisten Spaß: zu sehen, wieviel so ein Theaterkurs bei jungen Leuten in Gang setzt, wie sie präsenter werden und mutiger - das macht Spaß.
- Sie haben unter anderem eine Ausbildung zum Synchronsprecher absolviert. Welche Qualifikationen macht einen Synchronsprecher und einen Sprecher für Hörbücher aus?
Also das sind zwei sehr unterschiedliche Tätigkeiten für einen Schauspieler ... Synchronschauspiel ist dabei der eigentlichen Schauspielerei sehr nah, was hinzu kommt ist die außerordentliche Präzision die man braucht: wirklich auf den Punkt seine Texte und Emotionen abzurufen. Es ist auch ein sehr hartes Business: abliefern, den Laden nicht aufhalten und dann raus aus der Kabine, damit der nächste rein kann - das ist so gar nicht meins.
Hörbuchsprechen dagegen ist eine eher ruhige Tätigkeit, die aber viel Ausdauer und Konzentration braucht - ist sozusagen die Marathon-Disziplin. Außerdem macht es nur Spaß, wenn man gerne liest und sich für sehr viele verschiedene Themen interessiert. Das trifft alles auf mich zu und so bin ich da auch richtig.
- Sicher ist auch perfektes Hochdeutsch eine fachliche Voraussetzung für das Hörbuchsprechen. Gibt es noch andere "technische" Rahmenbedingungen, die eine Voraussetzung sind?
Neben der bereits erwähnten Ausdauer und der Konzentration gibt es da schon noch einiges. Es liegt nicht jedem, geschriebene Texte so zu lesen, dass man gerne zuhört, dass man beim Zuhören dem Inhalt auch folgen kann. Texte sind nun einmal ursprünglich geschrieben worden, um sie zu lesen - da findet von uns Sprechern schon so etwas wie eine "Übersetzung" statt: von der geschriebenen in die gesprochene Sprache. So ein Satz mit drei oder mehr Nebensätzen kann schon eine echte Herausforderung sein und vor allem muss man Lust dazu haben, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen.
- Warum arbeiten viele Synchronsprecher auch als Schauspieler oder umgekehrt?
Naja, die guten Synchronsprecher sind oder waren eigentlich alle Schauspieler. Wenn man es gut machen will, braucht es mehr als eine flexible Stimme - dann sollte man schon "einsteigen" können in das, was der Kollege auf dem Bild da tut.
- Also ist der Zug für mich als Synchronsprecher abgefahren?
Also, ich wünsche Ihnen viel Glück! Und wer weiß: vielleicht sind Sie der eine der durchkam ... aber, ganz ehrlich: man kann so viele Dinge tun, es muss ja nicht unbedingt dieser Job ohne Tageslicht und frische Luft sein ...
- Was halten Sie von dem Trend, für Trickfilme prominente Sprecher zu verpflichten?
Das ist so ein Thema, die Prominenz. Wenn sie mich da als "nicht prominenten Sprecher" fragen, es geht eben um viel Geld in dieser Branche und Prominenz zieht Zuschauer und Zuhörer an. Also ist es doch klar, dass man es sich "leicht" macht und immer die holt, die alle kennen - und erkennen. Und eher vorsichtig mit Neuen ist; aber ich sehe das dennoch sportlich und denke: die sind eben auch gut, sonst wären sie nicht so gefragt: musst du eben auch besser werden!
- Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Hat mir Spaß gemacht und nun hoffe ich, dass es viele interessierte Leser gibt. Viele Grüße und einen schönen, gesunden Sommer!
Das Gespräch wurde zwischen April und Juni 2020 per E-Mail geführt. Unter anderem sind folgende Hörbücher mit der Stimme von Peter Wolter über Audible erschienen. Alle in der Folge verlinkten Titel verweisen direkt auf die Online-Plattform Audible. Mit jedem verkauften Artikel unterstützen sie mit einem kleinen Betrag das kostenfreie Angebot des Asterix-Archivs. Das Produkt verteuert sich für Sie dadurch nicht. Vielen Dank für Ihre Unterstützung des Asterix-Archivs. Die Nutzung des Interviews, auch auszugsweise, ist nur nach vorheriger Genehmigung unter Nennung der Quelle und bei Websites mit einem Verweis auf diese Seite erlaubt.