Einleitung | Sprachwissenschaft | Interview

Nach dem amerikanischen Comic-Autor Scott McCloud sind Comics "Zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen." Der Autor Wolfgang Rothe hat sich in seinem Aufsatz "Asterix und das Spiel mit der Sprache" mit der Übersetzung der Comic-Texte auseinandergesetzt und schreibt dazu, dass das Spiel mit der Sprache sich in der Comic-Serie "Asterix" auf allen linguistischen Ebenen vollziehe.

Einen breiten Raum bei der Übersetzung nimmt das Wortspiel ein, das sich vornehmlich in Form von Polysemien (Mehrdeutigkeit eines Wortes) und Homophonien (gleichlautende Wörter) kundtut. Im weiteren Sinne lässt sich hierzu auch der Typ der wörtlich genommenen Redensart, des Sprichworts beziehungsweise des Zitats sowie deren Adaption an die Welt der Antike rechnen. Ebenso spielen die Wortbildung und der Einbruch fremder Sprachsysteme (englische Syntax, lateinisch-französische Mischtexte, Dialekte) eine nicht unwesentliche Rolle. Nicht zu vergessen auch die graphische Ebene, also zum Beispiel Hieroglyphen und Fluchzeichen, die bei den Übersetzungen mitberücksichtigt werden muss.

Der wichtigste Aspekt bei der Übersetzung eines Textes ist, dass der Verlauf der Geschichte bei der Übersetzung nicht verändert wird und sich an die Originalstory hält. Nachdem die französischen Autoren Goscinny und Uderzo nach den ersten verfälschenden Asterix-Veröffentlichungen in Deutschland 1965 im Comic-Magazin "Lupo" sich gegen die offensichtliche Verfälschung des Textes wehrten und dem Kauka Verlag das Nachdruckrecht entzogen, werden heutzutage die Übersetzungen durch einen französischen Germanisten ausführlich vor der Veröffentlichung geprüft.

Das Spiel mit linguistischen Einheiten lässt sich in in verschiedenen Sprachtypen klassifizieren, die hier nachfolgend mit entsprechenden Beispielen erklärt werden. Die Beispiele entstammen allesamt aus dem Aufsatz "Asterix übersetzen - oder das Wechselspiel in Bild und Sprache" von Gudrun Penndorf in "Asterix und seine Zeit", hrsg. von Kai Brodersen, Beck´sche Reihe Nr. 1404, Verlag C.H.Beck, München, mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

Die Polysemie umschreibt die Mehrfachbedeutung eines Wortes. Ein schönes Beispiel dafür bietet sich gleich zu Beginn in "Asterix und Kleopatra", das durch die Übersetzerin ohne Verlust aus dem Französischen übersetzt wird, als der ägyptische Baumeister Numerobis sich bei Miraculix mit den Worten

"Je suis, mon cher ami, très heureux de te voir. / C'est un Alexandrin."
"Ich bin, mein lieber Freund, sehr glücklich, dich zu sehen!"

Alexandriner

vorstellt und Miraculix zu beistehenden Galliern erklärend antwortet: "Das ist ein Alexandriner!". Diese Feststellung ist zweideutig, denn er bezeichnet damit zum einen die Herkunft des Gastes und zum anderen das Versmass, das Numerobis bei seiner Begrüssung verwendet hat.

Als zweiten, wichtigen Sprachtyp in den Sprachspielen der Asterix-Abenteuer kann man die Homonymie ausmachen. Dieser Ausdruck beinhaltet zwei Bedeutungseigenschaften: die Homophonie (Gleichklang) und die Homographie (gleiche Schreibweise). Homonyme sind also Ausdrücke gleicher Laut- und Schreibweise, die aber dennoch unterschiedliche Bedeutungen haben. Im Deutschen etwa "der Leiter" und "die Leiter" oder im Französischen "le barde" als "der Barde" und "la barde" für "die Speckscheibe".

Ausgangssprachlich Homonymie, wird die deutsche Lösung durch die Übersetzerin mittels Paronymie substituiert. In "Asterix und Maestria" (S. 6) geht es um die Lehrbefugnis für musikalische Erziehung, die laut Troubadix nur Druiden und Barden zusteht. Da die Frauen des Dorfes gern hätten, dass die neu gekommene Maestria diesen Part übernimmt, legt sich Madame Automatix mit dem Barden an:

Mme Céautomatix: "Et alors! Les femmes bardes, ça existe, non?"
Assurancetourix: "Non, Madame! Une barde, ça n'existe pas, ou alors c'est une tranche de lard!"

Frau Automatix: "Na und? Es gibt doch auch Bardinnen, oder?"
Troubadix: "Nein, Madame! Bardinnen, die gibt es nicht, wenn überhaupt, dann Bardamen!"

Gelegentlich wird auch die Möglichkeit zum Missverständnis durch lautliche Ähnlichkeit spielerisch verwendet. Obelix will in Tour de France, Seite 21, von einem Verräter wissen, wohin die Römer seinen Freund Asterix verschleppt haben. Der arg bedrängte Schurke nennt den lateinischen Namen der Stadt Metz: "Divodurum." Darauf Obelix: "Versuch nicht, mich zu bestechen! Ich will keinen Rum, ich will den Namen der Stadt wissen!".

Weichen homophone Ausdrücke nur geringfügig in Lautung und Schreibung voneinander ab, so spricht man von Paronymien - wie etwa "Hiebe" und Liebe" oder "chou" (Kohlkopf) und "sou" (Geldstück). Eine ausgangssprachliche Paronymie mit einer deutschen Lösung durch Äquivalenz und Reim beschreibt das nächste Beispiel. "Asterix im Morgenland" (S.19): Der Fakir hat zuviel Wein getrunken. Natürlich verträgt er nichts. Kommentar von Troubadix:

"Il est complètement plein, oui. Maintenant c'est un ascète garni!"
Und ob der voll ist! Alles Käse, die Askese!"

Die französische Vorlage spielt mit der Paronymie "ascète garni", im Deutschen "abgefüllter Asket", und "assiette garnie", zu deutsch "kalte Fleischplatte".

Ausgangssprachlich Antonymie, in der deutschen Übersetzung eine Lösung mittels Substitution durch eine Redensart. Antonymien bezeichnen das Spiel mit gegensätzlichen Begriffen wie etwa "schwarz" und "weiss", die bildlich und sprachlich verwendet werden. Hier eine bildlich unterstützte Stelle der Schwarz-Weiss-Malerei:

In "Asterix und der Arvernerschild" (S.38) versprechen Asterix und Obelix der Frau von Alkoholix ihr den von Römern gefangengenommenen Ehemann wieder heil nach Hause zu bringen. Getarnt unter einem Kohlevorrat im Keller verbringen sie die Nacht:

Schwarz und Weiss

Das französische Gegenstück im Original ist schwarz-weiss. Der Kohlehaufen ist schwarz, die Redewendung heisst "passer une nuti blanche", also eine weisse, d.h. schlaflose Nacht verbringen. Wort wie Bild sind gleichermassen am Wortspiel beteiligt.

Das Synonym schliesslich ist das Gegenteil eines Antonym, ein Wort, das in einem bestimmten Zusammenhang die gleiche Bedeutung hat wie ein anderes Wort. Beispiele für Synonyme sind in der Umgangssprache senkrecht - vertikal, Orange - Apfelsine, Fahrstuhl - Lift.

Ein Beispiel aus der Welt der Gallier ist in Asterix und Kleopatra, Seite 13, die panische Angst von Numerobis als Krokodilfutter zu enden, sollte der Palast für Kleopatra nicht rechtzeitig fertig werden. Den Auftritt seines grössten Nebenbuhlers Pyradonis kommentieren die Gallier wie folgt:

"Er hat eine böse Zunge! Er reisst das Maul auf! Er hat einen verzehrenden Hass! Er ist bissig" - Worauf Numerobis antwortet: "Nehmt nicht solche Worte in den Mund! Das erinnert mich nur an die Krokodile!"

Die Redensarten wurden bereits schon im Beispiel über die Synonymie verwendet. Keine wörtliche Übersetzung, sondern die gleiche Wirkung erzielt Gudrun Penndorf in Asterix der Gallier, Seite 40/41, als bei den Römern durch Miraculix' Zaubertrank der Bart- und Haarwuchs zunehmend dramatische Ausmasse annimmt. Bei Verhandlungen verwenden die Gallier möglichst oft "haarige" Redewendungen:

Haarstraeubend!

Gaius Bonus: "Ich bin den Galliern mit Haut und Haaren ausgeliefert. Ich muss mit ihnen verhandeln!"
[...]
Asterix: "Verhandeln, aber ohne lange Haarspaltereien!"
Gaius Bonus: "Ich kann das Wort Haare nicht mehr hören!!!"
Asterix: "Haargenau verstanden!"
Gaius Bonus: "Nein! Lauf nicht weg!"
Asterix: "Gut! Du hast also ein Haar in der Suppe gefunden?"
Gaius Bonus rauft sich die Haare...
Asterix: "Das ist eine haarige Angelegenheit, aber kommen wir zur Sache!"

Die genannten Beispiele können hier an dieser Stelle natürlich nicht mit der nötigen wisschaftlichen Ausführlichkeit dargestellt werden und bieten nur eine sehr kurze Übersicht über die in der Asterix-Reihe angewandten Techniken. Mehr zu diesem Thema in "Asterix und seine Zeit" (hrsg. von Kai Brodersen, Beck´sche Reihe Nr. 1404, Verlag C.H.Beck, München) im dort enthaltenen Aufsatz "Asterix übersetzen - oder das Wechselspiel in Bild und Sprache" von Gudrun Penndorf.

Nächster Teil: Das Interview