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uni'kon - Die deutsche Zunge von Asterix
Asterix-Übersetzerin Gudrun Penndorf im Gespräch mit Jürgen Graf, Magazin uni'kon, Universität Konstanz, Ausgabe 37/2010
mit freundlicher Genehmigung der Universität Konstanz
Links sind redaktionelle Hinweise der Comedix-Redaktion
"Die spinnen, die Römer!" – ohne Gudrun Pendorf gäbe es diesen berühmtgewordenen Satz nicht. Die Übersetzerin brachte die ersten 29 Bände von "Asterix" ins Deutsche und schuf damit dessen ebenso gewitzte wie charakteristische Sprache, die Generationen von Comiclesern verbindet. Anlässlich eines Vortrags an der Universität Konstanz sprach sie mit uni’kon über die Entwicklung von Asterix und die Kunst der Comic-Übersetzung.
uni’kon: Frau Penndorf, Sie kennen Asterix von der Pike auf – hat er sich in all den Jahren verändert?
Gudrun Penndorf: Ja, man kann sagen, dass er früher trickreicher, variantenreicher, zielstrebiger, ideenreicher war. Früher hat er das Geschehen deutlicher gesteuert. Man denke nur an Band 1 „Der Gallier“, wo Asterix dafür sorgt, dass die Römer sozusagen ein Haar in der Suppe finden. Das lässt dann seitenlange Assoziationen mit Wortspielen über Haare zu. Oder im Band 4 „Kampf der Häuptlinge“, da hat vor allem Asterix wieder einmal die Ideen, wie man den gegnerischen Häuptling ausschaltet. In Band 29 "Maestria" ohrfeigt er dann eine Frau, das wäre in den ersten Bänden von Goscinny vermutlich nicht passiert. Wenn die Hauptrolle von Asterix zunehmend ge-schmälert wird, dann hat das für mich mit der Entwicklung von Idefix und Obelix zu tun. Obelix ist bekanntermassen der Liebling von Uderzo. Auch zeichnerisch lässt sich eine gewisse Entwicklung nachweisen. Asterix hat heute eine grössere Nase, er ist wie die anderen Figuren ein bisschen runder geworden.
Gibt es einen Unterschied zwischen dem französischen und dem deutschen Asterix?
In den ersten Bänden war die Rückbindung, will sagen, waren die Anspielungen auf typisch französisch landeskundliche Phänomene noch wesentlich ausgeprägter als später. Zu nennen wären hier aus Band 6 "Tour de France" die Äusserung des in Lugdunum = Lyon von Asterix und Obelix gefesselten Postboten: „Ich verspreche euch, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen ist!“ Das erinnert an die in Frankreich berühmte "Affaire du courrier de Lyon", einen Postraub, der auch literarisch Geschichte gemacht hat.
Die Frage ist allerdings, ob auch französische, junge Leser diese Anspielung verstehen.
Das wage ich zu bezweifeln. In Band 24 "Asterix bei den Belgiern" beispielsweise hat mich das Victor-Hugo-Gedicht „Waterloo“ vor grosse Probleme gestellt, weil es, soweit ich herausfinden konnte, bislang nicht ins Deutsche übersetzt ist. Hier habe ich im vorgegebenen Jambenrhythmus munter die entsprechenden Passagen seitenlang umgedichtet. Das hat mir von einer Studentin ein grosses Lob eingebracht, sie fragte bei mir an, wo ich die gute Übersetzung gefunden hätte. Ich vermute, dass dies eine der Stellen ist, die auch nicht jeder französische Asterix-Leser identifizieren kann.
Aber je grösser der Erfolg der Asterix-Abenteuer weltweit wurde, desto mehr gingen diese spezifisch französischen Anspielungen zurück. In den sogenannten Nationalitäten-bänden werden sie dann durch die allseits leicht zu verstehenden Stereotypien der einzelnen Völker ersetzt: Die Schweizer ergötzen sich an Fondue, die Spanier tanzen und singen, die Normannen trinken Calvados aus den Schädeln der besiegten Gegner, die Briten spielen Rugby und fahren auf der falschen Seite, die Goten streiten sich "gar schröcklich" in Anspielung auf die deutsche Kleinstaaterei des 18. und 19. Jahrhunderts.
Lesen Sie Asterix auch in anderen Sprachen?
Ja, die englischen Bände lese ich gern, mit Anthea Bell bin ich seit Jahren freundschaftlich verbunden. Ich bewundere ihre Einfälle. Sie macht es wie ich, dass sie für Stellen, vor denen man kapituliert (das gibt’s), an anderer Stelle einen Gag einflicht. Sprachwissenschaftlich ist das gerade für Comics abgesegnet und nennt sich dann "versetzte Äquivalenz". Da ich etwas Türkisch kann, schaue ich natürlich gern auch in diese Bände.
Eine ganze Nation hat durch Sie Latein gelernt, das Asterix-Latein ist legendär. Schultert in dieser Generation der Comic einen Bildungsauftrag?
In der Tat: Dieses Sammelsurium an militärischen Fachausdrücken, Bibelsprüchen, Wappen-Inschriften und Klassikerzitaten aus dem Mund der römischen Legionäre, aber auch der Piraten kam in der deutschen Fassung gut an. Während der französische Leser diese Zitate in den sogenannten pages roses, einem Mittelteil des Petit Larousse, nachschauen kann, wäre der deutsche Leser, so er nicht gerade in der Schule Latein gelernt hat, eher ratlos. Ich konnte den Verlag davonüberzeugen, hier ausnahmsweise die deutsche Übersetzung als Anmerkung anzugeben.
Wie eng war die Zusammenarbeit mit den Asterix-Schöpfern?
Relativ unbedeutend. Ich habe sie zwar kennen gelernt, auch einmal auf einer Pressekonferenz in Stuttgart für sie gedolmetscht, aber das war’s auch schon.
Lesen Sie privat Comics?
Ja, querbeet. Zur Zeit lese ich den ersten Comic-Krimi von Fred Vargas "Im Zeichen des Widders". Auf deutsch.