Einleitung | Methoden | Rahmen Teil 1 / Teil 2 | Sprechblasen Teil 1 / Teil 2
Jeder einzelner Asterix-Band ist ein Unikat. Die Autoren haben sich bis 1977 gemeinsam und danach alleine in der Person von Albert Uderzo sehr viele Gedanken zu jedem einzelnen Abenteuer gemacht. Mit dem 35. Abenteuer seit 2013 arbeiten Didier Conrad und Jean-Yves Ferri an der Serie. Vor dem Band, den Leser nach dem Erscheinen in Händen hält, steht sehr viel vorbereitende Arbeit in Form einer guten Idee, Recherche zur Geschichte und dem daraus entstehenden Drehbuch.
Kleine Besonderheiten vieler Szenen lassen im Detail die Liebe der Autoren erkennen, die sie jeder Geschichte zuteil werden lassen. Einiger dieser Details sollen in diesem Themenbereich Rechnung getragen werden: Da sind die kleinen Spielereien, die die Figuren oder Ereignisse über den engen Rahmen einer Szenenbegrenzung hinaus lebendig werden lassen, auch die Sprechblasen geben den Autoren die Möglichkeit die Stimmung eines Charakters zum Leser zu transportieren. Sie beinhalten jeweils in einem Panel gesprochenen oder gedachten Text. Auch die Anordnung und Variation der Panels und Sprechblasen bietet in der Asterix-Serie sehr viele Möglichkeiten, einen zweidimensionalen Comic lebendig werden zu lassen.
Auf den folgenden Seiten wird in den beiden Kategorien "Rahmen" und "Sprechblasen" unterschieden und bebilderte Beispiele in chronologischer Reihenfolge der deutschen Erscheinungsweise, die von der französischen Originalveröffentlichung abweicht, aufgezeigt. Zudem bietet die Seite der Methoden eine Übersicht der verwendeten Bildsymbolik, die in den Asterix-Heften verwendet wurden. Diese Übersicht hat wegen der schier unglaublichen Vielfalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Aus Gründen der Seitengrößen sind die Übersichten mit den Rahmen und Sprechblasen jeweils auf zwei Seiten verteilt. Teil 1 beinhaltet die Übersicht zu den Abenteuern Band 1 bis 20, Teil zwei die Abenteuer von Heft Nummer 21 bis 39.
Die dritte Dimension
Nicht so richtig zu den aussergewöhnlichen Bildrahmen passend, ist es doch bemerkenswert genug, dass sich in verschiedenen Abenteuern die Charaktere direkt an den Leser wenden und so die zweidimensionale Szene nach außen hin erweitern. Weil diese Besonderheit nicht ganz unter den Tisch fallen soll, werden in den folgenden Zeilen diese Szenen zusammengefasst.
VI - Tour de France
Hier zwinkert Idefix auf dem letzten Bild der letzten Seite dem Leser zu (Zeichnung links oben), nachdem er seit Lutetia Asterix und Obelix gefolgt war. Dass er am Ende dafür Aufmerksamkeit und einen Knochen bekommt, scheint nur der gerechte Lohn für die Mühen zu sein. Besonders bemerkenswert ist, dass Idefix ab diesem Abenteuer dauerhafter Begleiter von Obelix wird.
VIII - Asterix bei den Briten
Auf Seite 36 ist der Wirt der Taverne "Zum Freund Schnurstrax" dermaßen begeistert von seiner Mannschaft aus Camulodunum ("Camulodunum vor ... noch ein Tor!"), dass sich Obelix, an den Leser gewandt, an die Stirn tippt.
IX - Asterix und die Normannen
Auf dem letzten Bild der Seite 33 wundert sich Miraculix, an den Leser gewandt, über die Geistesblitze von Obelix, der den Verbleib von Troubadix richtig schlussfolgert. Womöglich spricht Obelix mit seiner Schlussfolgerung, dass Troubadix womöglich nach Lutetia unterwegs sei, im Bild zuvor schon den Leser an.
X - Asterix als Legionär
Im zweiten Bild auf Seite 20 zeigt sich Tennisplatzis verwundert, dass er, der davon ausgeht dass es sich bei der Kommandantur in Condate immer noch um ein reguläres Gasthaus handelt, sich ausziehen soll. Entsprechend verwundert blickt er dem Betrachter direkt in die Augen (Bild rechts).
XI - Asterix und der Arvernerschild
Sicherlich eines der bekanntesten Bilder, in dem sich ein Charakter an den Leser wendet, befindet sich auf Seite 35 dieses Asterix-Abenteuers. Nachdem sich nämlich Obelix über Asterix geärgert hatte, weil dieser auf ihrer Suche nach Marcus Apfelmus beiden eine Diät zumutet hatte, der Gesuchte aber schließlich eine Wirtschaft mit dem Namen "Zum Wildschwein in Weinsoße" aufgemacht habe, sprechen Asterix und Obelix auf ihrem ersten Wegabschnitt von Borvo zur Taverne nach einem Streit nicht miteinander.
Als jedoch kurze Zeit später der Ärger verraucht ist und beide sich in die Arme fallen, sitzt Idefix in der Mitte des Weges und tickt sich, an den Leser gerichtet, mit einem "Tock! Tock! Tock!" an die Stirn.
XIX - Der Seher
Als der Seher Lügfix die oberen Zehntausend des gallischen Dorfes mittels der Innereien eines Fisches über die unmittelbare Zukunft aufklärt (diese Szene ist übrigens eine Reminiszenz an das Gemälde "Die Anatomie des Dr. Tulp" von Rembrandt), blickt Asterix über seine Schulter zum Leser, während alle andere gebannt auf den toten Fisch starren.
Eine Interpretation des Blickes könnte sein, dass der Zeichner Albert Uderzo damit auf das Gemälde hinweisen will, auf dessen Grundlage das letzte Bild auf Seite 10 entstanden ist.
XXII - Die große Überfahrt
In diesem Abenteuer gibt es gleich drei Szenen, in denen sich die Darsteller an den Leser wenden: Nachdem sich Asterix und Obelix auf Seite 20 über die Vorgehensweise in der ungewohnten Umgebung nicht einig sind und sich darüber streiten, wie sie überhaupt in diese Situation gekommen seien, bringt ein von einem Indianer abgeschossener Pfeil beide zum Schweigen.
Nachdem dieser Pfeil den Hinweis darauf gibt, wo man die mutmasslichen Einwohner jetzt suchen solle (man müsse nämlich nur dem Pfeil folgen, aber in umgekehrter Richtung - Logisch!), kann Obelix mit dieser Erklärung von Asterix wenig anfangen und fragt an den Leser gerichtet: "Das soll logisch sein?".
Die beiden anderen Szenen, die auf der gleichen Ursache basieren, befinden sich wenige Seite später, erst auf Seite 26 und dann noch einmal auf Seite 38. Als Asterix und Obelix ohne Worte zuerst dem Indianer und dann Erik dem Wikinger mit gespielter Mimik und Gestik "erklären", wer sie sind und woher sie kämen, sagen die Blicke des Indianerhäuptlings und von Erik in Richtung des Lesers eindeutig "Die spinnen, die Gallier!".
XXVIII - Asterix im Morgenland
Auf Seite 43 spricht der Fakir Daisayah zum Leser und teilt ihnen hinter vorgehaltener Hand mit, welche Pläne er mit der Opferung der Prinzessin Orandschade tatsächlich verfolge: Nach der Tochter käme nämlich der Vater an die Reihe, und ganz nach dem Vorbild seines Vetters Isnogud Daisayah von der Stunde Null an Radscha anstelle des Radschas.
XXXII - Asterix plaudert aus der Schule
Hier gibt es mehrere Szenen, in denen sich die Figuren direkt an den Leser richten: In der Kurzgeschichte "Olympiade in Lutetia" spricht Asterix am Ende augenzwinkernd das Resumee der Geschichte verbunden mit der Hoffnung, dass eines Tages die Pariser die Olympischen Spiele erneut unter dem schönen Himmel ihrer Stadt austragen würden (diese Kurzgeschichte sollte die Bewerbung Frankreichs für die Olympischen Spiele 1992 unterstützen), direkt zum Leser.
Die Kurzgeschichte "Mini midi maxi" richtet sich zu Beginn sogar komplett an den Leser. Dort soll zuerst Gutemine. und dann Frau Methusalix. die zivilisierte Eleganz der Gallier in einer Modenschau präsentieren. Als Majestix' Frau durch Frau Methusalix ersetzt wird, wendet sich Gutemine sichtlich verärgert entweder an den Leser oder, was wohl eher die Absicht ist, an den Zeichner.
Und schließlich zwinkert wieder einmal Idefix am Ende der Geschichte "Unter dem Mistelzweig" dem Leser zu, weil er es im Gegensatz zu Obelix geschafft hatte, von Falbala unter dem Mistelzweig einen Kuss zu bekommen.
XXXIV - Asterix und Obelix feiern Geburtstag
In diesem Album wenden sich einige Charaktere direkt an den Leser. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass dieses Heft kein zusammenhängendes Abenteuer beinhaltet, sondern eine Aneinanderreihung verschiedener Szenen, die in ihrer zeichnerischen Ausprägung speziell für den Leser ins Bild gesetzt wurden. So präsentiert Madame Methusalix ihre für Obelix entworfene Kollektion in mehreren Szenen mit direkter Ansprache an den Leser. Auch Numerobis und der Pirat Baba richten sich an den Leser, wobei sie eigentlich den beiden Galliern Asterix und Obelix zum Geburtstag gratulieren.
Ebenso erklärt Methusalix wie er die Fitness der Gallier wiederherstellen will nicht wirklich an die umstehenden Personen, sondern mit einem Blick in der dritten Dimension. In diesem Sinne ist dieses Album eine Hommage, in der die Figuren weniger untereinander agieren, als dem Leser direkt ihre Vorstellungen eines Geschenkes präsentieren. In der gleichen Weise wird von den Figuren noch desöfteren Blickkontakt mit dem Leser aufgenommen, jedoch ohne dass eine direkte Interaktion gewünscht wäre. Genau genommen werden sich die Charaktere eher an umstehende Dorfbewohner, als tatsächlich an den Leser.